Dieter Torkewitz

*  21. Juni 1944

von Elisabeth Haas

Essay

Torkewitzʼ Kompositionen der frühen 70er-Jahre fallen in eine Zeit der zunehmenden Abkehr vom Dogmatismus der Avantgarde Darmstädter Prägung. Er setzte sich damals – noch während seiner Studienzeit bei Wolfgang Fortner – intensiv mit der Umbruchsituation der neuen Musik auseinander und fand seine eigenen Antworten jenseits von strengem Serialismus wie auch von willfähriger Rückwendung zu Vorvergangenem. Für problematisch hält er das geringe Maß an Emotionen und den Verlust des Sprachcharakters, vornehmlich bei serieller Musik (vgl. Torkewitzʼ Werkkommentar I zu Musique pensive für Gitarre, Klavier und zwei Schlagzeuger, 1975). Seine Musik ist oft gestisch, sprechend, ohne illustrativ oder konkret mitteilend zu werden. Ihm geht es um ein »Sprechen, wie es sich allgemein gibt« (ebd.) – letztlich um die Einbindung eines sprachverwandten Gestus.

Im Verzicht auf Melodik, Motiv- und Themengestaltung im traditionellen Sinn wie auch durch eine äußerst differenzierte Gestaltung der musikalischen Zeit knüpft Torkewitz an Entwicklungen der 50er-Jahre an. Überaus komplexe Rhythmen finden sich insbesondere in seinen frühen Werken. Ametrik, Aperiodik, häufige Taktwechsel, Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Taktarten etc. verdanken sich der Kenntnis und Einflussnahme von Werken von Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und György Ligeti. An Erfahrungen mit morseähnlichen Partien der elektronischen Musik wiederum lassen ...